Was ist das Mikrobiom?

Der Mensch besteht aus Organen, Muskeln, Knochen und Geweben und obwohl sich jeder Mensch als Individuum bezeichnen würde, so bietet unser Körper doch Lebensraum für Milliarden von Mikroorganismen, deren Vielfältigkeit und Nutzen die Wissenschaft erst zu erahnen beginnt.

Mikroben sind fast überall auf der Erde zu finden, in jedem Element und auf jedem Quadratzentimeter, egal ob auf Tieren, Pflanzen oder in der Umwelt. Sie waren die Ersten, die den Planeten besiedelten; demnach haben sich die Menschen in ihrer Evolution an sie angepasst und ein optimales Zusammenleben möglich gemacht.

Die Gesamtheit aller Bakterien, Viren, Archaeen, Pilze und ähnlichen, die auf und im Menschen leben, wird als Mirkobiom bezeichnet, das Verhältnis der Bakterien zur Anzahl der Körperzellen wird mittlerweile auf 1:1 geschätzt, wobei wir wohl 10-mal mehr Viren als Bakterien beherbergen, doch ist ihre Funktion bisher kaum erforscht. Alle Mikroben zusammengenommen wiegen je nach Körperbau beim Erwachsenen zwischen einem und eineinhalb Kilogramm.


Unverzichtbare Helfer

Diese Organismen verbinden wir in der Regel mit Krankheitserregern, schädlichen Inhaltsstoffen oder schlechter Hygiene, doch ist das menschliche Mikrobiom alles andere als nachteilig. Im Gegenteil. Der Körper lebt in einer symbiotischen Beziehung mit seinen „Mitbewohnern“, das heißt, dass beide Seiten davon profitieren. Das Mikrobiom eines jeden Menschen ist einzigartig, Es hängt sowohl von äußeren Einflüssen, als auch vom individuellen Lebensstil ab.

Obwohl viele Menschen regelrechte Panik vor den unsichtbaren Mikroorganismen haben, die überall auf, in und um uns herum zu finden sind und sie mit Desinfektionsmittel, Seife und Chemikalien zu beseitigen versuchen, so sind sie doch lebensnotwendig. Wissenschaftler ergründen immer mehr die Zusammenhänge zwischen Gesundheit und Mikrobiom, wobei in vielen Fällen die Aufgaben und Bedeutung noch immer im Dunkeln liegt.

Für eine gesunde Entwicklung ist es wichtig, dass bereits Kinder den Kontakt zum Mikrobiom herstellen, damit sich das Nervensystem und Immunsystem richtig entwickeln können. Es ist die wortwörtliche Hand voll Dreck im Mund.

Bedenkt man, wie unvorstellbar viele Mikroben in uns Leben, so macht es Sinn, den Mensch nicht mehr als Individuum, sondern vielmehr als eigenständiges Ökosystem anzusehen.


Immunsystem & Darmgesundheit

Die Bakterien, vor denen sich viele so fürchten, helfen unserem Körper tatsächlich widerstandfähiger gegen äußere Einflüsse und Krankheitserreger zu sein. Denn je vielfältiger unser Mikrobiom ist, umso größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass das Immunsystem Eindringlinge von außen richtig erkennt, einordnet und abwehrt.

Die Anzahl der Mikroben ist je nach Körperregion unterschiedlich. Die größte Dichte findet sich im Dickdarm, weswegen das Mikrobiom früher auch als Darm-Flora bezeichnet wurde.

Für die Darm-Gesundheit ist die Vielfältigkeit der Organismen entscheidend. Leider hat die heute häufig einseitige Ernährung auch das Absterben mancher Arten zur Folge, weswegen es wichtig ist, die Darm-Flora rechtzeitig mit guten „Untermietern“ zu besiedeln, beziehungsweise die natürliche Diversität zu erhalten.


Die Feinde des Mikrobioms

Herrscht ein Ungleichgewicht zwischen Körper und Mikrobiom können Krankheiten ausgelöst oder begünstigt werden. Mikroben sind im Darm mitverantwortlich für die Bildung von kurzkettigen Fettsäuren, die wiederum regulatorische T-Zellen induzieren. Diese Zellen sind ein wichtiger Bestandteil des Immunsystems und bestimmen die Toleranz und Abwehrreaktionen. Sind sie in ihrer Aufgabe eingeschränkt, so kann dies zu Überempfindlichkeit des Immunsystems führen und damit Allergien und Unverträglichkeiten zur Folge haben. Der Körper kann nicht mehr zwischen harmlosen und pathogenen Stoffen unterscheiden und reagiert schließlich auf beides.

Unser Mikrobiom ist für unserem Darm immens wichtig. Sind zu wenig „gute“ Bakterien vorhanden, oder dringen fremde Organismen ein, hat das Auswirkungen. Magen-Darm-Erkrankungen, Reizdarmsyndrom und Morbus Crohn (MC) treten in Industrienationen zunehmend häufiger auf. Das liegt vor allem an dem Überangebot von fettigen und zuckerhaltigen Nahrungsmitteln und dem Mangel an Ballaststoffen. Ebenso schlagen sich Rauchen, zu viel Alkohol, künstliche Zusatzstoffe und Dauerstress in der Darmgesundheit nieder.

Besonders kritisch ist auch die zunehmende, teils unnötige Verschreibung von Antibiotika. Diese greifen nicht nur Krankheitserreger, sondern natürlich die körpereigenen, harmlosen Mikroben an. Natürlich kann in manchen Fällen nicht auf Antibiotika verzichtet werden, doch sollte die Einnahme auf das absolute Minimum beschränkt werden. Auch Erzeugnisse, von Tieren, die mit Antibiotika behandelt wurden können das Mikrobiom angreifen und noch dazu Resistenzen erzeugen.

Außerdem können Säureblocker, oder andere Medikamente, die den pH-Wert des Magen-Darm-Trakts verändern, dazu führen, dass der natürliche Lebensraum der Mikroben zerstört wird.

Behandlungsmethoden – ganzheitlich therapieren

Mit dem richtigen Ansatz lässt sich das geschwächte Mikrobiom ganzheitlich therapieren. In erster Linie kommen dabei Prä- und Probiotika zum Einsatz. Bei ersteren handelt es sich im Substrate, die als Nahrungsgrundlage die kränkelnden Mikroorganismen unterstützten. Probiotika hingegen sind lebendige Mikroben, die sich bestenfalls im Darm ansiedeln. Zusätzlich ist eine Ernährungsumstellung unumgänglich, damit sich die Population langfristig regenerieren kann.

Weniger verbreitet ist das Verfahren der Stuhl-Transplantation, welche die Darm-Flora sanieren soll. Als Transplantat dient dabei Stuhl von indigenen Völkern der Regenwaldregionen, da sie durch ihre Isolation keinen Kontakt mit Toxinen oder Verunreinigungen haben. Diese Herangehensweise befindet sich noch in der Testphase.


Jeder kann etwas für seine Gesundheit tun, indem er die Vielfältigkeit und den Artenreichtum des eigenen Mikrobioms unterstützt und pflegt. Wie jedes andere Ökosystem auch, ob Korallenriff oder Amazonas, gilt: Diversität ist Stabilität. Mit einem bunt gemischten Speiseplan, dem Verzicht auf unnötige Antibiotika und Medikamente ist schon viel getan. Ein gesunder Mensch braucht in der Regel keine zugesetzten Prä- oder Probiotika, denn wer sein Mikrobiom gar nicht erst kaputt macht, muss es später auch nicht wieder aufbauen.